Buchrezension: Die drei ??? und die Welt der Hörspiele
Das neue Werk vom Autor des Buchs »Die Welt der drei Fragezeichen« konzentriert sich auf die Hörspielreihe. Ist das Buch wie schon der Vorgänger für Interessierte und für langjährige Fans der Reihe geeignet?
Christian R. Rodenwald hat mit dem neuen Buch einen Nachfolger zur »Welt der drei Fragezeichen« vorgelegt. Während sich das erste Buch um die Reihe »an sich« gekümmert hat, geht es hier hauptsächlich um die Hörspiele und nur am Rande um die Bücher.
Christians erstes Buch fand ich großartig. Wie schneidet dieses Buch ab und für wen ist es geeignet?
Doch zunächst zur physischen Erscheinung.
Aufmachung des Buches
Das Buch ist fest gebunden. Sein Titelbild hat Andreas Ruch gestaltet, der ein Bild von Europa verwendet hat.
Das offizielles Logo der Reihe prangt auf dem Titelbild und der Titel ist aus einer gedrängten Helvetica gesetzt, somit passt es anders als das Titelbild des Vorgängerbuchs ganz hervorragend zur Reihe. Das sollte es auch, denn dieses Buch erscheint nicht mehr im riva-Verlag, sondern bei Langen Müller – dieser Verlag gehört wie der Kosmos-Verlag zur Franckh Mediengruppe.
In der Mitte des Buchs findet sich ein mehrseitiger farbiger Bildteil, der mit den ersten Schwarzweiß-Fotos zu aus den Gründungszeiten des Labels Europa beginnt und mit den Covern aller bisher veröffentlichter Hörspiele endet.
Der Innenteil ist aus der Minion Pro gesetzt und wenn ich mich nicht irre ist für die Überschriften dort auch wieder die Helvetica eingesetzt. Somit passt die Gestaltung des Innenteils auch gut zur Reihe.
Besonders gefreut habe ich mich, dass ich beim Satz etwas finden konnte, das ich bei der Buchreihe vermisse: Ligaturen! Wenn es diese nun noch in die Buchreihe schaffen könnten …
Das Buch liegt gut in der Hand und ist sauber hergestellt. 254 Seiten Text (davon 15(!) Seiten Quellangaben), 1 Doppelseite Werbung.
Kollegen, auf zum Inhalt!
Das Buch hat eigentlich zwei Teile, auch wenn sie nicht so ausgezeichnet sind. Im ersten geht es um die Entstehung der Hörspielreihe und der zweite schildert die Hörspielproduktion.
Der erste Teil, der etwa zwei Drittel des Buchs ausmacht, beginnt mit der Entstehung des Labels Europa.
Es ist die Zeit der Kassettenkinder – Ende der 1970er Jahre, als der Kassettenrekorder die Kinderzimmer erobert. Es werden die Sprecher aus der Zeit und das Stammpersonal der Sprecherriege jeweils mit einer Kurzbiografie vorgestellt.
Anhand der Person von H. G. Francis, der aus den Buchvorlagen des Kosmos-Verlags die Dialogbücher für die Hörspielreihe schrieb, wird angedeutet, wie überhaupt aus einem Buch ein Hörspiel wird. Auch die Musik Carsten Bohns darf hier natürlich nicht fehlen.
Es werden dann unter anderem der »Gameboy-Knick« (Umsatzrückgang des Kassettenverkaufs), der Rechtsstreit mit Carsten Bohn und die neuen Musiken thematisiert. Dazu zeitlich passend beschreibt der Autor weitere Wechsel in der Reihe: André Minninger schreibt nun die Dialogbücher und statt Kommissar Reynolds ermittelt Inspektor Cotta in Rocky Beach.
Neben weiteren Themen beschreibt der Autor dann das Comeback der Reihe, und das Vollplaybacktheater, und das erste große Jubiläum mit der »Toteninsel«, die erste Tour, und, und, und. Es wird akribisch eine Fülle von Themen abgehandelt, die ich hier nur anreißen kann.
Das letzte Drittel des Buchs wird vom zweiten Teil eingenommen. Wie wird aus der Buchvorlage ein Hörspiel? Der Autor erläutert anekdotenreich viele Aspekte der praktischen Umsetzung eines Hörspiels der Reihe.
Was hat es mit den prominenten Gastsprechern auf sich? Woher kommen die vielen Musiken und Geräusche? Was passiert eigentlich, nachdem die Aufnahmen abgeschlossen sind und bis das Hörspiel gekauft oder gestreamt werden kann? Zeitlich dazu passend greift der Autor die Themen aus dem ersten Teil wieder auf: Welche neuen Sprecher gibt es? Und welche neuen Erzähler?
Mein Fazit
Das Buch ist ein liebevoller Gang durch die Geschichte der Hörspielreihe.
Ich finde, dass dieses Buch Christian R. Rodenwalds Erstwerk in nichts nachsteht. Es beschreibt sehr detailreich die Geschichte der Hörspielreihe. Ein besonderes Augenmerk richtet der Autor auf die Personen, die hinter der Reihe stecken. Und es wird hier sehr deutlich, dass nicht nur die Produzentin und die Hauptsprecher für den Erfolge der Reihe verantwortlich sind, sondern dass das Gesamtpaket stimmig ist.
Der Autor liefert viele Anekdoten und ordnet Aussagen auch in den Kontext ein, in dem sie getroffen wurden. Es gibt nahezu 700 saubere Quellenangaben zum Nachstöbern – nur bei den Interviews des Autors wird das schwierig, da sie nicht veröffentlicht sind.
Inhaltliche Perlen sind für mich die folgenden Themen:
- Der Rechtsstreit um die Musiken Carsten Bohns wird detailliert aufbereitet und neutral präsentiert, auch wenn das bestimmt schwer fiel. Mir wurde hier zum ersten Mal deutlich, wie verworren die Lage eigentlich ist.
- Es gibt endlich mehr Informationen zum Lied »In the middle of the night«.
- In den »Schnittberichten« von den diversen Neuauflagen der Hörspiele erklären die Verantwortlichen, warum gelegentlich kurze Dialogteile im Vergleich zu den Erstauflagen fehlen.
Ich denke, dass gelegentliche Hörer der Reihe vieles bisher Unbekanntes in dem Buch finden werden. Aber auch langjährige Fans sollten bei der Fülle an Details und Anekdoten etwas Neues entdecken.
Kurz: Wenn man sich auch nur am Rande für die Hörspiele der Reihe interessiert, sollte man zugreifen.
Weiterlesen
Am 28. November 2020 gab es eine nahezu zweieinhalb Stunden lange Lesung von Christian R. Rodenwald beim Spezialgelagerten Sonderpodcast. Mit einem Intro von Heikedine Körting. Viel Spaß beim Nachgucken!
Vielleicht interessiert dich auch meine Rezension zum Vorläufer »Die Welt der drei Fragezeichen« und mein Interview dazu mit Christian.
Andreas Ruch hat das Titelbild gestaltet. Du kennst ihn eventuell aus dem Netz durch seine Postings der alternativen Cover zu den Drei-???-Fällen. Ihn habe ich dazu 2017 interviewt.
Auf der Verlagsseite zum Buch findest du neben den bibliografischen Daten auch den Klappentext und das druckfähige Cover.
Das Buch ist Mitte Oktober erschienen. Du kannst es in deinem Lieblingsbuchladen vor Ort kaufen oder online zum Beispiel bei geniallokal.
Für diese Rezension hat mir der Langen Müller Verlag ein Exemplar der ersten Auflage zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!