Buchrezension: Die Graphic Novel »Die drei ??? und das Gespensterschloss«

Der erste Fall der drei ??? ist im Frühjahr 2022 als Graphic Novel erschienen. Im »Retro-Stil« gezeichnet bleibt die Geschichte dicht an der Buchvorlage. Wie dicht, erfährst du in diesem Artikel.

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Die Aufmachung

Wenn ich das Buch in die Hand nehme, sticht natürlich zu erst das Titelbild ins Auge. Es ist an die neue Gestaltung des Covers der Hauptreihe angelehnt: Das Logo der Reihe oben, eine seitenfüllende Grafik, schwarzer Hintergrund und der Titel unten.

Die Graphic Novel basiert auf der Buchvorlage, die 1968 in Deutschland erschienen ist. Passend zur damals üblichen Gestaltung der Titelseite prangt links oben etwas, das wir in der Hauptreihe seit 2005 nicht mehr kennen: Das Konterfei von Alfred Hitchcock schmückt die Bezeichnung der Reihe, die mit der vorliegenden Graphic Novel eröffnet wird: »Klassiker Graphic Novel«.

Abbildung 1: Alfred Hitchcock gibt den Lesern einen Fingerzeig.

Abbildung 1: Alfred Hitchcock gibt den Lesern einen Fingerzeig.

Auch wenn diese Reihe neu ist, so hat doch der Kosmos Verlag in den letzten Jahren bereits Graphic Novels zu den drei Detektiven veröffentlicht. Diese Graphic Novel zum Fall des Gespensterschlosses ähnelt ihren Vorgängern aus diesem Verlag, ist allerdings noch farbiger.

Die Farbigkeit hat sich über die Jahre mit den Graphic Novels entwickelt: War die erste noch sehr schlicht gehalten, konnte hier nun bei der Farbgestaltung aus dem Vollen geschöpft werden.

Der Zeichenstil wird als »Retro« beworben; er erzeugt bei mir tatsächlich das Gefühl, in den 60ern angesiedelt zu sein – dem Jahrzehnt, in dem die Buchvorlage zu dieser Graphic Novel entstanden ist.

Neben der Farbgestaltung wird dies mit den Frisuren und der Kleidung der Charaktere erreicht und auch mit der Darstellung der Gegenstände. So ist beispielsweise der Fotoapparat der drei Detektive von der damals ülichen Sorte und mit Blitzlicht ausgestattet; heute würden die Jungs eher ihr Handy nehmen.

Abbildung 2: Links die Eröffnungsszene, in der Bobs Mutter ihm Justus’ Botschaft übergibt. Rechts Bob nach dem Einsatz des Fotoapparats, um die Existenz des blauen Phantoms nachweisen zu können.

Abbildung 2: Links die Eröffnungsszene, in der Bobs Mutter ihm Justus’ Botschaft übergibt. Rechts Bob nach dem Einsatz des Fotoapparats, um die Existenz des blauen Phantoms nachweisen zu können.

Der Textblock ist von einem Schutzumschlag aus Pappe umgeben. Auf der vorderen Innenseite wird Justus Jonas eine Erklärung des Fragezeichens in den Mund gelegt, auf der Rückseite können wir den zu erwartenden Klappentext lesen:

Abbildung 3: Links der innere Klappentext, rechts der rückseitige.

Abbildung 3: Links der innere Klappentext, rechts der rückseitige.

Kollegen, auf zum Inhalt!

Dem Inhalt ist ein Vorwort von »A.H.« vorangestellt. Dies ist ein kleiner Kunstgriff, mittels dessen sich der Leser hier sowohl Albert Hitfield als auch Alfred Hitchcock denken kann. Es folgt der Hauptteil, zum Abschluss gibt es ein kleines »Making Of« des Buches.

Der Inhalt ist dicht an der Buchvorlage. Er schildert den ersten Fall der neu gegründeten Detektei, in dem die drei Detektive für den Regisseur Albert Hitfield ein Gespensterschloss suchen und finden.

Da es der erste Fall der Detektei ist, wird hier allerlei aus der Reihe Bekanntes eingeführt: Die berühmte Visitenkarte der Jungs ist frisch gedruckt; Bob kümmert sich um das Archiv, weil er einen Gips hat; Morton fährt das erste Mal mit dem Rolls-Royce vor, über den Justus wegen des Gewinns eines Preisausschreibens für 30 Tage verfügen darf; Justus ertrickst sich durch sein Schauspieltalent das Vorwort von Hitfield für die Bücher.

Abbildung 4: Der Rolls-Royce in all seiner Pracht: Schwarz mit goldenen Beschlägen.

Abbildung 4: Der Rolls-Royce in all seiner Pracht: Schwarz mit goldenen Beschlägen.

Der Inhalt ist im Vergleich zur Buchvorlage leicht gekürzt, so fehlt zum Beispiel die Szene im Schwarzen Canyon, in der Justus und Peter in der Höhle verschüttet werden.

Ferner gibt es leichte inhaltliche Anpassungen: Der Fall beginnt mit der Darstellung des Bohnenglases (dem zentralen Objekt im Preisausschreiben, in dem Justus den Rolls-Royce gewinnt) und nicht mit Justus’ Botschaft an Bob. Außerdem ordnet Justus nicht die Kreidefarben zu, sondern die Jungs wählen sich selbst die Farbe aus.

Die Struktur der Erzählung hält sich ansonsten streng an die Buchvorlage. Der erste Detektiv der frisch gegründeten Detektei ertrickst sich von Albert Hitfield erstens den Auftrag, das Gespensterschloss zu suchen, und zweitens die Zusage des Auftraggebers, das Vorwort zum als Buch veröffentlichten Protokoll des Auftrags zu schreiben. Dann wird das Gespensterschloss gesucht und gefunden, und letzlich aufgedeckt, warum es in dem alten Gemäuer gar nicht wirklich spukt.

Mein Fazit

Mir hat diese Graphic Novel sehr gut gefallen. Ich habe sie in mehreren Sitzungen durchgelesen und immer wieder gerne zur Hand genommen. Sowohl die Gestaltung als auch Umsetzung der Erzählung finde ich sehr gelungen.

Der »Retro-Stil« hat sehr gut zum Inhalt gepasst, der zum Beispiel noch auf den alten Fotoapparat und den Kassettenrekorder zurückgegriffen hat. Oder auch den von Justus gebauten Verstärker für Telefongespräche:

Abbildung 5: Links sehen wir den von Justus selbst gebastelten Verstärker, rechts den Kassettenrekorder zur Aufnahme der Geräusche im Gespensterschloss.

Abbildung 5: Links sehen wir den von Justus selbst gebastelten Verstärker, rechts den Kassettenrekorder zur Aufnahme der Geräusche im Gespensterschloss.

Ganz wie in der Buchvorlage aus den Sechzigern. Der Inhalt des Buchs wurde nicht dem Stil angepasst, sondern der Stil wurde dem Inhalt angepasst. Das hat mir sehr gut gefallen und ich fand es extrem passend.

Die Inhaltsanpassungen sind sehr moderat und in Ordnung.

Nicht ganz so gut haben mir einige Details gefallen:

  • Die Zentrale war weniger versteckt als in meiner Vorstellung. Eigentlich hätte sie hinter Bergen von Schrott versteckt sein sollen, hier ist sie aber stets gut zu sehen.
  • Den Zaun des Schrottplatzes hätte ich mir ausführlicher dargestellt gewünscht, weil er im Buch so schön lebhaft beschrieben ist.
  • Die Geheimgänge des Schrottplatzes sind wie in den Hörspielen »einfach da« und werden nicht weiter motiviert oder vorgestellt.
  • Eines meiner Lieblingszitate aus den Klassikerfällen fehlt, da die gesamte Verschütt-Szene fehlt: »Justus, du bist ein Genie!«

Für wen ist diese Graphic Novel nun geeignet? Ich denke, dass sowohl Einsteiger in die Reihe als auch langjährige Fans Gefallen daran finden werden. Erstere können die Reihe kennenlernen und Letzere einen bekannten »Klassiker« in neuem Lichte betrachten. Und wenn man nur das Hörspiel kennt, wird man durch die Graphic Novel den Fall neu entdecken können.

Ob der Zeichenstil nun gefällt oder nicht, kann jeder nur für sich selbst beurteilen. Mir hat’s jedenfalls sehr gefallen und ich spreche eine Kaufempfehlung aus.

Apropos »Kauf«: Wenn du dir nun das Buch zulegen möchtest, dann besorge es dir bitte über den Buchhändler deines Vertrauens in der Nähe.

Weiterlesen

Teilweise habe ich über die erwähnten Details Artikel verfasst, die für dich vielleicht auch interessant sein könnten.

Zuerst gibt es einige Artikel zum Gespensterschloss, speziell die etwas ausführlichere Inhaltsangabe.

Ferner beantworte ich die Fragen »Was haben die drei Fragezeichen mit Alfred Hitchcock zu tun?«, »Warum fahren die drei Fragezeichen in einem Rolls-Royce?« und beschreibe, wie Detektive zu ihren unterschiedlichen Kreidefarben gekommen sind.

Für diese Rezension hat mir der Kosmos Verlag ein Exemplar der ersten Auflage des Buchs zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!