Rezension: Die drei ??? – Straße des Grauens

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Diese Rezension weicht in Inhalt und Form von meinen üblichen Rezensionen ab. Das hat einen einfachen Grund: Dieser Fall ist anders.

Ich könnte wie üblich über die Charakterzeichnung reden, zwischen Buch und Hörspiel trennen, Musiken und Effekte beurteilen, aber bei diesem Fall kann ich das nicht.

»Warum denn bloß?« höre ich dich fragen. Dafür reicht ein Wort: Grenzüberschreitung. Justus’ Charakter wurde in dem Buch so angelegt, dass er mutwillig und in vollem Bewusstsein Rechtsbrüche begeht.

Das Buch

Gut geschrieben, ich konnte es in einem Rutsch ohne Mühe durchlesen. Gut geschildert finde ich den inneren Kampf, den Justs Gewissen anlässlich seiner Taten durchlebt. Gelegentlich werden in den Büchern ja Träume geschildert (die dann gerne in den Hörspielen entfallen); dieses Mal träumt Just:

Justus grübelte noch lange, bis er endlich doch in einen unruhigen Schlaf fiel. Er träumte, dass er auf einer langen Straße stand, die durch eine bizarre Landschaf aus bunten Felsen und leuchtenden Bäumen führte. Zuerst dachte er, dass er allein wäre, aber dann bemerkte er, dass Bob schräg hinter ihm stand.

»Wir dürfen diese Linie nicht übertreten!« Der dritte Detektiv deutete auf den Mittelstreifen.

»Warum nicht?«, wollte Justus wissen. Doch Bob meinte nur: »Wir sind die drei ???«.

In seinem Traum wusste der Erste Detektiv, dass er auf jeden Fall auf die andere Seite der Straße musste. Er hatte keine andere Wahl.

»Geh nicht!«, warnte Bob.

Justus setzt jedoch einen Fuß vor den anderen, bis er genau auf der Linie stand.

»Wir sind die drei ???«, wiederholte Bob mit einer merkwürdigen leisen, hallenden Stimme. Die bunten Felsen warfen den Satz als verzerrtes Echo zurück.

»Schluss jetzt!«, meinte Justus und machte noch einen Schritt. Damit stand er auf der anderen Seite des Mittelstreifens. »War doch ganz leicht!«.

Bob war verschwunden. Gleichzeitig schien sich die Landschaft um ihm herum in einen farblosen Neben aufzulösen.

Was war der Anlass für diesen Traum? Justus hat die Grenze überschritten und mehr als sonst beide Füße in das Reich des Rechtsbruchs gesetzt. Dabei bekommt er von seinem Gewissen sowie Peter und Bob kräftigen Gegenwind. Aber bis kurz vor dem Ende des Buches denkt er noch: »Der Zweck heiligt die Mittel«.

Das Hörspiel

Hörspielcover-Straße-des-Grauens

Dieses Mal ist wirklich alles anders: Normalerweise bin ich ja relativ gnädig, was die Bearbeitung durch Herrn Minninger angeht. Die Hörspielumsetzung ist dieses Mal aber für meinen Geschmack zu weit gegangen.

Das Hörspiel verwässert die Buchvorlage zu sehr. Justus’ Grenzüberschreitung wird hier nicht so deutlich wie im Buch. Peter regt sich bei den verbliebenen Überschreitungen zwar sehr schön auf, einige sind aber einfach gestrichen worden. Und damit verflacht die Folge. Damit wurde die Chance vertan, auch das Hörspiel in eine etwas andere Richtung zu entwickeln. Europa bleibt sich damit treu – da ist es fast schon verwunderlich, dass die Folge nicht mit dem typischen Auflösungsgelächter endet.

Fazit

Keines der Bücher, die ich seit Beginn dieses Blogs gelesen habe, hat mich noch so lange nach dem Lesen beschäftigt. Grundsätzlich bin ich für Neuerungen in der Reihe immer offen, da sich denke ich sonst die Serie irgendwann totläuft. So bin ich auch dieses Mal angetan von der Buchvorlage, denn hier passiert mal etwas Neues: Justus ist im Konflikt mich sich selbst und mit seinen Kollegen.

Ja, das gab es schon vorher, aber hier finde ich es besonders deutlich geschildert. Und dass die drei Detektive das Gesetz so auslegen, wie es ihnen passt, ist auch nichts Neues — Wie oft sind sie schon eingestiegen und haben Türen geknackt? Aber die Qualität der Rechtsbrüche ist hier doch eine andere.

Die Reihe hat hier eine gute Gelegenheit, die Charaktere eine Entwicklung durchlaufen zu lassen. Der Cliffhanger am Ende deutet ja schon an, dass noch ein dritter Fall in dieser Mini-Reihe kommen wird. Ich bin gespannt, ob sich da jemand entwickelt oder ob die Fälle wie gehabt normalerweise nichts miteinander zu tun haben.